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Commentaires Nr. 23

Frankfurt, 31. Dezember 2021

Nach der Bildung der neuen Bundesregierung reisten Olaf Scholz und Annalena Baerbock -wie üblich- zuerst nach Paris, aber auch nach Brüssel. Der politische Einklang mit Paris ist so groß wie zuletzt vor 50 Jahren, zu Zeiten von Valéry Giscard d’Estaing und Helmut Schmidt: ein gutes Omen für die französische EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Januar 2022 beginnt. Es liegt im Interesse Deutsch-lands den europäischen Kurs Frankreichs zu unterstützen, gerade in Zeiten in welchenrechtspopulistischen Präsidentschaftskandidaten dem Wahlkampf ihren Stempel aufdrücken.

Die Wortwahl des Koalitionsvertrags stimmt mit den Zielen der französischen EU-Ratspräsidentschaft überein: Europa solidarischer, souveräner und demokratischer zu gestalten um die Europäer besser zu schützen.

Annalena Baerbock hat ihrem Kollegen Jean-Yves Le Drian bei ihrem Antrittsbesuch versichert:« Vom ersten bis zum letzten Tag können sie sich der deutschen Unterstützung für ein starkes und souveränes Europa sicher sein. »

So steht auch im Koalitionsvertrag: «Wir handeln im europäischen Selbstverständnis, eingebettet in das historische Friedens- und Freiheitsprojekt der Europäischen Union. (…). Als größter Mitgliedstaat werden wir unsere besondere Verantwortung in einem dienenden Verständnis für die EU als Ganzes wahrnehmen. (…) Die strategische Souveränität Europas wollen wir erhöhen. Dies bedeutet in erster Linie eigene Handlungsfähigkeit im globalen Kontext herzustellen und in wichtigen strategischen Bereichen, wie Energieversorgung, Gesundheit, Rohstoffimporte und digitale Technologie, weniger abhängig und verwundbar zu sein, ohne Europa abzuschotten. (…) Unser Ziel ist eine souveräne EU als starker Akteur in einer von Unsicherheit und Systemkonkurrenz geprägten Welt.“

Eine europäische Souveränität ist in Deutschland somit kein Tabu mehr und entspricht dem von Emmanuel Macron in der Sorbonne-Rede formulierten Wunsch ein schützendes Europa zu bilden.

Die Ziele der französischen EU-Rats-Präsidentschaft sind: „Europa in der Welt gestärkt, (…) der Schengen Raum reformiert, Fortschritte beim Zuwanderungspakt erreicht, die Bildung einer europäischen Verteidigung beschleunigt, die Beziehungen zwischen Europa und Afrika von Grunde auf erneuert und der EU-Haushaltsrahmen überarbeitet werden.“

Macron bleibt somit seinen Zielen als engagierter Europäer treu und geht – wie 2017 – bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen im April 2022 ein politisches Risiko ein. Mit 44 % positiven Meinungen ist er der Favorit des ersten Wahlgangs. Mit seinem Europakurs stellt er sich entschlossen gegen den Trend eines verschärften National-Diskurses des konservativen Lagers, der von den Rechtspopulisten Le Pen und Zemmour getrieben und den Medien verbreitet wird.

Das linke Lager verständigt sich nicht einmal auf das Prinzip einer Primärwahl, obwohl derzeit keiner der Kandidaten eine Chance hat an der Stichwahl teilzunehmen: weder der linksradikale Jean-Luc Mélenchon (8 %), noch der Kandidat der Grünen Jadot (7%) noch die sozialistische Oberbürger- meisterin von Paris Anne Hidalgo – deren Zustimmung auf 3 % gefallen ist. Auch die Erwägung einer Kandidatur der Sozialistin Christiane Taubira – die populärste Politikerin in Frankreich – dürfte daran nichts ändern, sofern nicht alle erst genannten Kandidaten sich zu ihren Gunsten zurückziehen.

Somit muss Emmanuel Macron seinen Wahlkampf gegen das konservative Lager ausrichten.

Valérie Pécresse überraschte als Siegerin der Primärwahl der Republikaner und führt seitdem eine kluge Kampagne. Sollte sie das Kopf- an Kopfrennen des ersten Wahlgangs gegen Marine Le Pen und Zemmour für sich entscheiden, wäre sie auch in der Lage Macron im zweiten Wahlgang zu gewinnen: eine Meinungsumfrage von Elabe für die Wochenzeitschrift L’Express sieht sie mit 52 % als Siegerin. Entscheidend ist nun wie Valérie Pécresse ihre Kampagne ausrichtet: auf den ersten oder sofort den zweiten Wahlgang. Sich mit Marine Le Pen und Zemmour um die konservative Wählerschaft im ersten Wahlgang zu streiten ist für sie zu riskant. Sie würde die Themenwahl nicht bestimmen und ihre Chancen die Wähler der Mitte zu gewinnen durch einen zu konservativen Diskurs präjudizieren.

Wahrscheinlicher ist, dass sie darauf setzt die einzige Kandidatin des konservativen Lagers zu sein, die in der Lage ist Emmanuel Macron im zweiten Wahlgang zu schlagen 49 % der Wähler von Macron haben eine gute Meinung von ihr. Und auch 38 % der Wählerschaft von Le Pen.

Eine große Unbekannte bleibt die Auswirkung der neuen Corona-Welle. Die sich beschleunigende und um mehr als 25 % gewachsenen Fallzahlen werden in den kommenden Wochen zu überstrapazierten Krankenhäusern führen. Wie sich diese Bilder auf die Popularität auswirken ist ungewiss. Schon jetzt hat sich Emmanuel Macron trotz rasantem Anstieg von Omikron-Fällen für eine milde Bewegungs-einschränkung ausgesprochen

Frankreich Deutsch

land

Italien Spanien UK USA
Fälle 31.12.

(*)

9.845.583

(+ 27,3 %)

7.171.423

(+ 22,5 %)

5.981.428

(+17,5 %)

6.294.745

(+22,1 %)

12.820.685

(+25,1 %)

54.252.612

(+12,0 %)

Todesfälle 30.11. 119.997

(+1,2 %)

101.350

(+5,9 %)

133.739

(+1,3 %)

88.008

(+1,9 %)

145.253

(+3,2 %)

778.653

(+4,2 %)

31. Dezember

(*)

+ 4.543

(+3,8 %)

+ 10.579

(+ 10,4 %)

+3.508

(+ 2,6 %)

+1.397

(+1,6 %)

+ 3.640

(+2,5 %)

+45.686

(+ 5,9 %)

Pro Mio.

(Beginn 3te Welle =30.10.20)

1.855

(551)

1.294

(125)

2.248

(631)

1.896

(762)

2.152

(775)

2.478

(707)

Impfungen  (% der

Erstimpfung

Vollimpfung

Bevölkerung)

78,2 %

73,2 %

 

73,5 %

70,5 %

 

80,1 %

74,1 %

 

84,8 %

81,0 %

 

75,9 %

69,5 %

 

73,2 %

61,5 %

„2G-Quote“ (Genesen + Vollgeimpft)  

88 %

 

79 %

 

84 %

 

94 %

 

88 %

 

78 %

Quellen : Johns Hopkins Corona Resource Center (https://coronavirus.jhu.edu/map.html) & Oxford University (https://ourworldindata.org/coronavirus-testing) (*) % im Vergleich zum Vormonat

Ich wünsche Ihnen ein glückliches und gesundes Neues Jahr!

 

 

Christophe Braouet

P.S. : Im neuen Jahr wird der Commentaires nur noch alle drei Monate veröffentlicht oder bei Bedarf/aktuellen Anlässen.