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Frankfurt, 30. September 2021

Ampel, Jamaika oder doch wieder GroKo? Vieles ist bei dieser Bundestagswahl neu: es ist das erste Mal, dass die Wahl ohne amtierenden Bundeskanzler stattfand. Es ist das erste Mal, dass CDU und SPD zusammen weniger als 50 % der Erststimmen erhalten: deshalb wird mit großer Wahrscheinlichkeit erstmalig eine Drei Parteien-Koalition gebildet werden müssen. Die Bundestagswahlen zeigen eine zersplitterte politische Landschaft, und -wie in Frankreich und darüber hinaus in den meisten kontinentaleuropäischen Demokratien-, wird die Regierung durch jemanden geführt werden, der nur ein knappes Viertel der Wähler für sich gewinnen konnte.

 

2017 hatten die beiden Volksparteien schon ca. 12 % verloren. 2021 stürzt die CDU auf 24,1 % ab, ihr historisch schlechtestes Ergebnis. Verlorene Stimmen gehen in alle Himmelsrichtungen: 1,5 Millionen an die SPD, 0,9 Millionen an die Grünen, eine halbe Million an die FDP…Die SPD hatte ihren historischen Tiefstand 2017 erreicht und konnte nun ihr Ergebnis um 5,5 % auf 25,7 % verbessern. Mit diesem bescheidenen Stimmenanteil ist sie knapp die stärkste Partei.

 

Persönlichkeiten bestimmen den Wahlausgang, mehr als die Partei für die sie stehen: Manuela Schwesig erhält 39 % in Mecklenburg-Vorpommern bei den Landtagswahlen, deutlich mehr als der SPD-Bundesdurchschnitt: so war es schon für Malu Dreyer(SPD) in Rheinland-Pfalz, Wilfried Kretschmann (Die Grünen) in Baden-Württemberg oder Reiner Haseloff (CDU) bei den früheren Landtagswahlen des Jahres.

 

Dank ihrer Zugewinne sind die Grünen (+5,9 auf 14,8 %) und die FDP (+ 0,8 auf 11,5 %) die Königsmacher: zusammen haben sie mit 26,3 % mehr Stimmen als SPD, bzw. die Union. Erstmalig könnte der Kanzler von seinen Koalitionspartnern mehr als von seiner eigenen Partei ausgemacht werden, sofern sie sich inhaltlich einigen: hierzu die erstmaligen „Vorsondierungen“ zwischen den Grünen, die eine „Ampel-Koalition“ mit der SPD vorziehen, und der FDP, die eine CDU geführte Jamaika-Koalition präferiert. Wie es „Die Zeit“ zutreffend am 27.9. beschrieb: „Christian Lindner steuert auf Robert Habeck zu, die siegreiche SPD fühlt sich etwas vernachlässigt (…) Armin Laschet beeilte sich am Montag mitzuteilen, dass er mit seinem alten Kumpel Christian Lindner noch in der Nacht telefoniert habe.

 

Keine Rolle spielt „Die Linke“, die auf 4,9 % fällt und im Bundestag nur dank ihrer drei Direktmandate bleibt: sie verliert ihre Rolle als „Interessenvertreter Ost“. Die SPD gewinnt 600.000 ihrer Wähler zurück, die Grünen 500.000.

 

Die AfD holt dank des Einbruchs der CDU die meisten Direktmandate und wird stärkste Partei in Sachsen und Thüringen, verliert aber bundesweit 2,3 %. Über 30 Jahre nach Mauerfall wählt der Osten der Republik immer noch anders als der Westen.

Die Außenpolitik und Europa spielten während der Wahlkampagne keine Rolle. Wie wenig diese existiert führt uns Australien vor Augen. Australien hat den vor 5 Jahren mit Frankreich unterzeichneten Vertrag zur Lieferung von klassischen 12 U-Booten mit einem Wert von ca. 35 Mrd. Euro gekündigt. Es profitieren die USA und Großbritannien, die mit Australien eine strategische Allianz, genannt AUKUS, bilden: Großbritannien steht wie so oft an der Seite der USA, eher als den Schulterschluss mit Europa zu suchen. Pikant ist, dass kurz zuvor (am 10. Juni 2021…) ein Vertrag mit Deutschland über die Festigung ihrer strategischen Partnerschaft unterzeichnet wurde, in dem es heißt: Heute stehen Deutschland und Australien fest vereint als strategische Partner und enge Freunde Seite an Seite. Wir sind entschlossen, unsere gemeinsamen Werte und Interessen sowohl zu verteidigen als auch aktiv zu vertreten. Zu diesem Zweck werden wir unsere bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit spürbar intensivieren“…

Die EU brauchte fünf Tage nach der Kündigung des Vertrags um sich empört zu zeigen.

Die Corona-Krise und die mangelhafte internationale Solidarität

Zwei Drittel der Menschheit sind noch nicht geimpft, 95 % der afrikanischen Bevölkerung…

Die EU hat 400 Millionen Dosen versprochen, davon aber nur 2,4 % geliefert. 25 % dieser versprochenen Impfdosen sollen aus Deutschland kommen: nur 1,7 Millionen wurden geliefert.  Frankreich versprach weniger, lieferte mehr: 5,5 der 54 Millionen versprochenen Dosen. Die USA sind deutlich weiter: sie haben 290 Mio. versprochen davon wurden schon 82 Millionen geliefert.

 

Das die Corona-Krise noch nicht bewältigt ist zeigt die Entwicklung in den USA und UK: die Fall-und Todeszahlen steigen wieder besorgniserregend. Boris Johnson‘s Freedom-Day war verfrüht: allein im September musste um 1300 Menschen mehr als in Frankreich getrauert werden, und die Explosion der Fallzahlen lässt Schlimmes befürchten.

 

  Frankreich Deutschland Italien Spanien UK USA
Tests pro Tag pro 1000 7,5 1,6 4,7 1,8 13,9 4,2
Fälle 30. 09

(*)

7.100.572

(+3,9 %)

4.228.774

(+ 7,1 %)

4.668.261

(+2,9 %)

4.956.691

(+2,3 %)

7.808.054

(15,0 %)

43.349.187

(+11,0 %)

 

Todesfälle 31.08 114.620

(+2,3 %)

92.207

(+0,6 %)

129.146

(+0,8 %)

84.146

(+3,3 %)

132.808

(+2,5 %)

638.711

(+4,2 %)

30. September

(*)

+ 2.787

(+2,4 %)

+1.436

(+ 1,6 %)

+1.724

(+1,3 %)

+2.251

(+2,7 %)

+ 4.098

(+3,1 %)

+ 56.401

(+8,8 %)

Pro Mio.

(Beginn 3te Welle =30.10.20)

1.782

(551)

1.120

(125)

2.168

(631)

1.847

(762)

1.998

(775)

2.141

(707)

Impfungen (% der

Erstimpfung

Vollimpfung

Bevölkerung)

74,4 %

65,6 %

 

67,3 %

63,7 %

 

74,7 %

67,7 %

 

80,6 %

78,2 %

 

71,5 %

65,7 %

 

63,6 %

54,8 %

Quellen : Johns Hopkins Corona Resource Center (https://coronavirus.jhu.edu/map.html) & Oxford University(https://ourworldindata.org/coronavirus-testin)

(*) % im Vergleich zum Vormonat

Wir müssen wachsam bleiben und uns für das Impfen einsetzen, um so schnell wie möglich den Weg der Normalität wieder einschlagen zu können, zumindest für die doppelt geimpften…

  

Christophe Braouet