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Commentaires September 2022

Commentaires Nr. 26

Der Populismus ist im Vormarsch: diese traurige Wahrheit bestätigt sich mit den Wahlergebnissen in Schweden und nun in Italien. Nur anderthalb Jahre lang beruhigte der im Februar 2021 ernannte Regierungschef Mario Draghi: in diesem Zeitraum wurden Italien über 200 Milliarden Euro im Rahmen des NextGeneration EU Programms im Gegenzug zu Strukturreformen zugesagt. Heute ein Segen weil es höchst unwahrscheinlich ist, dass Georgia Meloni auf diese gewaltige Summe verzichten wird: es entspricht ca. 20 % des jährlichen italienischen Haushalts. Sie wird sich also eher mit einer gestrafften Zuwanderungspolitik profilieren und den Sanierungskurs fortführen müssen.

Wie sehr der Populismus in Europa seit über 20 Jahren an Bedeutung gewonnen hat sehen wir an den heute milden Reaktionen: 1999 wurde die erste Regierung von Wolfgang Schüssel mit Beteiligung der rechtspopulistischen FPÖ gebildet. Damals wurde Österreich noch boykottiert. Le Pen wurde in Frankreich nicht zu Fernsehdebatten eingeladen. Heute haben Rechtspopulisten die Macht in Polen und Ungarn ergriffen, den Brexit erwirkt, sind an der Schwelle der Macht in Stockholm und Rom.

Die Energiekrise droht den Populismus noch weiter zu stärken. Um die Zusatzbelastungen abzufedern greift die Bundesregierung erneut tief in die Tasche: die Gaspreisbremse soll mit bis zu 200 Milliarden Euro finanziert werden. In Frankreich wird die Strompreiserhöhung auf 4 % gedeckelt, Gaspreise eingefroren: die Gesamtkosten summierten sich Ende Juli -vor den kalten Monaten- schon auf 24 Milliarden Euro! Die Auswirkungen auf die Staatsfinanzen sind insbesondere in Frankreich aufgrund der Verschuldungsquote von über 110 % besorgniserregend.

Die Energiekrise verschärft sich. Die hybride Kriegsführung hat mit den Attentaten auf North Stream 1 und 2 eine zusätzliche Facette, Russland stellt seine Gaslieferungen ein, Frankreich aber auch, weil 32 der 56 Atomkraftwerke korrosionsbedingt gewartet werden müssen. Es kommt hinzu, dass aufgrund der Dürre die französische Produktion von Wasserkraftenergie um mehr als 15 % gesunken ist.

Wichtig ist gerade jetzt alles in Bewegung zu setzen um den Energiepreis zu senken. Die deutsche Regierung, die am Atomausstieg festhalten will, begründet das weitere Betreiben der letzten drei deutschen Meiler mit der mangelnden Stromlieferung der französischen AKWs: “Atom, Nein Danke“ also nur in Deutschland, aber bitte im Nachbarland weiter produzieren.

Die französische Regierung ziert sich ihrerseits die 230 Kilometer lange Gas-Pipeline MidCat zwischen Spanien und Frankreich fertigzustellen: diese würde den europäischen Kontinent mit mehr Flüssiggas (und später Wasserstoff) versorgen. Spanien verfügt nämlich über die Flüssiggas-Terminals, die in Deutschland fehlen. Emmanuel Macron bleibt trotz Ukraine-Kriegs dabei: die Fertigstellung würde erst in drei Jahren möglich, drei Milliarden Euro seien zu teuer und der Bau entspräche nicht dem Willen die Abhängigkeit von fossilen Energien abzubauen. Europäische Solidarität sieht anders aus.

Kurzfristig wird zwar ein Zeichen von deutsch-französischer Solidarität mit dem Energie-Deal gesetzt: Französisches Gas wird gegen deutschen Strom getauscht. Mittel-und langfristig müssen sich die Europäer aber noch auf eine gemeinsame Strategie einigen. Frankreich hat erst gerade (!) seinen ersten Offshore Windpark eingeweiht. Es muss ein gemeinsames Verständnis zu dem unentbehrlichen Anteil von Atomenergie gefunden werden: die Hälfte der europäischen Staaten verfügen über Atomkraftwerke, für zehn unter ihnen mit einem Anteil an der Stromerzeugung der über 20 % liegt: in Frankreich sind es 70 %, in Schweden 31 und in Spanien immerhin 21 %.

Der Ukraine-Krieg und die Energiekrise haben die Corona -Krise medial in den Hintergrund gestellt. Leider wird die Wirtschaft nach wie vor von der Epidemie beeinträchtigt. Mit den kühleren Temperaturen steigen die Fallzahlen erneut. Deutschland hat leider seine Impfskepsis bestätigt. In der FAZ vom 16. September wurde ein Artikel von Sebastian Balzter mit der Überschrift „Deutschlands desaströse Impf-Bilanz“ veröffentlicht. Deutschland belegt den 42. Rang von 42 untersuchten Ländern, Frankreich Rang 15. Dies bestätigt sich auch bei Corona Impfquote.

  Frankreich Deutsch

land

Italien Spanien UK USA
Fälle 30.06. 22

(*)

31.151.971

(+21,5%)

28.180.861

(+33,3%)

18.438.877

(+26,6 %)

12.734.038

(+10,7%)

22.895.669

(+7,8 %)

87.410.944

(+9,2 %)

30.09.2022 +4.408.053

(+14,2 %)

+5.131.512

(18,2 %)

+3.993.926

(+21,7 %)

+ 678.225

(+5,3 %)

+997.682

(+4,4 %)

+8.936.064

(+10,2 %)

Todesfälle 30.06. 150.530

(+5,1%)

141.105

(+9,0%)

168.294

(+5,7%)

107.906

(+5,6%)

180.920

(+9,1%)

1.017.467

(+3,8 %)

Per 30. 09. 2022 + 5.588

(+ 3,7 %)

 

+ 8.843

(+6,3 %)

 

+ 8.760

(+ 5,2 %)

 

 

+ 6.178

(+ 5,7 %)

 

+26.988

(+ 14,9 %)

 

+41.821

(+ 4,1 %)

 

Pro Mio. 2.364 1.777 2.938 2.438 2.765 3.236
Impfungen  (%

Erstimpfung

Vollimpfung

Bevölkerung

80,9 %

78,7 %

 

77,8 %

76,1 %

 

85,8 %

81,0 %

 

87,0 %

85,6 %

 

80,0 %

75,4 %

 

79,4 %

67,9 %

 

page2image65769968Quellen : Johns Hopkins Corona Resource Center (https://coronavirus.jhu.edu/map.html ) & Oxford University(https://ourworldindata.org/coronavirus-testing)

(*) % im Vergleich zum 31.12.2021

Wir müssen nun unseren Energieverbrauch senken und somit ganz nebenbei einem anderen verdrängten Thema -dem Klimawandel- Rechnung tragen.

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Christophe Braouet